Für Senioren wird das Leben schwieriger

Die jüngeren Generationen dürften beim Älterwerden gemäss der OECD eine grössere soziale Ungleichheit erleben als die heutige Rentnergeneration.
Für Senioren wird das Leben schwieriger
Künftige Generationen werden nicht mehr so entspannt sein könnten.

Dies schreibt Michael Ferber in der «NZZ».

Die Erfahrung des Älterwerdens dürfte für viele Menschen der Jahrgänge nach 1960 in den Industrieländern eine deutlich andere sein als für die heutigen Rentner - und zwar oftmals keine positive. Davon geht ein kürzlich publizierter Bericht der internationalen Organisation OECD aus.

Die soziale Ungleichheit im Alter dürfte bei den jüngeren Generationen zunehmen, heisst es in dem Bericht. Zudem dürften immer mehr Menschen von Altersarmut bedroht sein. Als Gründe hierfür sieht die OECD kleinere Familien, Rentenkürzungen sowie eine wachsende Einkommensungleichheit im Erwerbsalter.

Mehr unterbrochene Erwerbsbiografien

Hintergrund der Entwicklung ist der demografische Wandel. Die Zahl der Älteren steigt in fast allen OECD-Ländern deutlich an. Wie eine Statistik der OECD zeigt, ist der Anteil der über 65-Jährigen an der Gesamtbevölkerung der EU-Mitgliedsstaaten im Zeitraum 1970 bis 2013 um 6,9 Prozentpunkte auf 18,4% gestiegen.

Laut einer Studie der Bank Citigroup vom vergangenen Jahr könnte sich dieser Anteil bis 2050 sogar auf 26% erhöhen. Dies bringt die Pensionssysteme in vielen Ländern noch weiter in Schieflage - dabei sind viele bereits massiv unterfinanziert.

Laut der Studie der Bank klafft in den staatlichen Rentensystemen von zwanzig OECD-Ländern eine Lücke von insgesamt 78 000 Mrd. Dollar. Gleichzeitig hinterlassen die ultraniedrigen Zinsen an den Kapitalmärkten ihre Spuren in kapitalgedeckten Vorsorgesystemen.

Hier kommt es oftmals zu systemfremden Umverteilungen von Aktiven zu Rentnern. In vielen Altersvorsorgesystemen werden die Älteren massiv zuungunsten der jüngeren Generationen subventioniert, nicht zuletzt in der Schweiz. Politiker schrecken derweil vor Reformen oftmals zurück, da sie die Macht der Älteren an der Wahlurne fürchten - und verschieben die Probleme zulasten der Jüngeren in die Zukunft.

Steigende Lebenserwartung

Während die Lebenserwartung in den meisten Industrieländern steigt, bauen sich laut der neuen Studie der OECD Ungleichheiten in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Beschäftigung und Einkommen auf.

Während höher Qualifizierte beim Renteneintritt oft auf höhere Einkommen und stabilere Erwerbsbiografien zurückblicken könnten, sei die Erwerbsphase bei vielen Menschen in Industrieländern zeitweise von Arbeitslosigkeit und geringen Einkommen geprägt.

Unbefristete Arbeitsstellen sind in vielen OECD-Ländern längst nicht mehr selbstverständlich. Dies führe auch zu Unterschieden bei der Lebenserwartung. Über die OECD-Länder hinweg habe ein 25-jähriger Mann mit Hochschulabschluss eine um fast acht Jahre höhere Lebenserwartung als ein Gleichaltriger mit lediglich geringen Qualifikationen, schreibt die OECD.

Bei Frauen betrage der Unterschied 4,6 Jahre.

Niedrigqualifizierte stark betroffen

Auch würden Geringverdiener tendenziell weniger alt als Menschen mit hohem Einkommen, heisst es weiter. Zudem seien die jährlichen Rentenzahlungen für über 65-Jährige heute bei Frauen durchschnittlich um 27% niedriger als bei Männern.

Auch das Risiko der Altersarmut sei bei Frauen deutlich höher als bei Männern. Die OECD-Autoren kommen in der Studie zum Schluss, die Anhebung des Rentenalters führe in der Tendenz dazu, dass die Ungleichheit der Gesamtrenten zwischen Gering- und Vielverdienern vergrössert werde, auch wenn der Effekt eher gering sei.

Eine sicherere Finanzierung der Systeme bei steigender Lebenserwartung wird aber nur zu haben sein, wenn die Menschen länger arbeiten. Alternativen dazu wären weitere Kürzungen oder höhere Rentenbeiträge - um die Rentensysteme auf stabileren Grund zu heben, gibt es nur diese drei Mittel.

Zum Thema Altersarmut hat die Bertelsmann-Stiftung im Juni dieses Jahres ebenfalls eine Studie veröffentlicht. Diese kam zu dem Ergebnis, dass das Altersarmutsrisiko in Deutschland im Zeitraum 2015 bis 2036 steigt. Besonders stark betroffen seien alleinstehende Frauen, Langzeitarbeitslose und Niedrigqualifizierte. Bei den Menschen, die 2036 in Rente gingen, steige das Risiko der Altersarmut auf 20%.

Im Jahr 2015 habe es bei 16% gelegen. Laut der Stiftung wäre damit jeder fünfte Neurentner von Altersarmut bedroht. In Deutschland gelten Rentner als armutsgefährdet, wenn ihr monatliches Einkommen netto weniger als 958 € beträgt.


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