Alter
Wir möchten gesund und fit uralt werden
Das schreibt Andrea Trueb im "Blick am Abend".
"Das Altern ist ein Phänomen, das gestoppt werden kann", sagt Aubrey de Grey (50). Damit meint der Forscher aus der englischen Universitätsstadt Cambridge nicht, dass unliebsame Begleiterscheinungen wie Diabetes oder Alzheimer derzeit behandelt werden können; de Grey will das Altern an sich verlangsamen, denn: "Altern ist auf jeden Fall ungesund."
In etwa dreissig Jahren sei man so weit, schätzt der Biogerontologe, der ein bisschen aussieht wie der Zauberer Dumbledores in der Verfilmung von Rowlings Harry Potter. Von insgesamt sieben zu lösenden Problemen (wie zum Beispiel das Absterben von Zellen, das nicht kompensiert wird) würden aktuell drei im Tierversuch angepackt.
Von den restlichen vier Herausforderungen sei man etwas weiter, sprich 25 Jahre entfernt. Laut de Grey muss der menschliche Körper, grad wie ein Auto - regelmässig gewartet werden.
So müssten Schäden behoben werden, die zwar normale Nebenwirkungen von Stoffwechselabläufen sind, im Altern jedoch zu Störungen und Krankheiten führen können: "Eine periodische Schadensbegrenzung ist ausreichend."
Er habe nie verstanden, warum sich die Forschung so wenig für das Altern interessiert, sagt de Grey im ausführlichen Interview mit Basil Gelpke, NZZ-Autor und Filmemacher. Er sei sogar regelrecht schockiert gewesen: "Ich war davon ausgegangen, dass sämtliche Biologen wissen, dass Altern das grösste ungelöste Problem der Welt ist."
Er verstehe, dass sich die Menschen das Altern schönreden würden, sagt de Grey: "Es ist eine Art Bewältigungsstrategie. Wir wissen, dass wir alt werden und dass es schrecklich wird, aber wir wollen nicht daran denken, also verdrängen wir es."
Das Problem daran sei, dass durch diese Haltung der Fortschritt behindert werde: "Es gibt keinen Enthusiasmus, keine Bereitschaft, Geld zur Erforschung des Alterns auszugeben." De Grey selber kann ein Mangel an Enthusiasmus mit Sicherheit nicht vorgeworfen werden.
Auch das drohende Problem der Überbevölkerung bremst seine Begeisterung nicht. Zum einen würden die Menschen auch in einer Welt ohne Alter immer noch sterben, beispielsweise durch Unfälle. Zum anderen hätten die Menschen bislang auf einen Anstieg der Lebenserwartung immer richtig reagiert: "Sie haben einfach weniger Kinder gemacht."
Ausserdem sei Langlebigkeit nur eine Art Dreingabe, so de Grey. Hauptsächlich gehe es darum, den Menschen möglichst lange gesund zu halten. Erfolge wie etwa in der Behandlung von Arteriosklerose hätten die Wirtschaft in der Vergangenheit positiv beeinflusst.
Das Rentenalter sowie das Sozialsystem überhaupt müssten allerdings umgebaut werden.
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