Liebeskolumne
So ticken die Generation 50plus in Liebesdingen
In diesem Beitrag schreibt sie, wie wichtig Plaudern und intensive Gespräche für die Beziehung sind. Wir freuen uns über Kommentare und Fragen an info@50Plus.ch.
Plaudern kann man lernen…
Können Sie sich erinnern, wann Sie sich das letzte Mal interessiert und aufmerksam mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin längere Zeit unterhalten haben? Sie müssen nachdenken, hmm…, das war doch…,nein…, ich glaube, ja, stimmt, jetzt weiss ich es, es war in den letzten Ferien. Bei der oder einer ähnlichen Antwort sollten Sie unbedingt weiterlesen. Denn dann haben Sie in puncto Austausch Nachholbedarf. Aber ein Trost: Sie sind damit keine Ausnahme!
Paarberater sind sich längst einig: Männer und Frauen sprechen zu wenig miteinander. Besonders in langen Ehen kommt das Gespräch zu kurz. Man meistert zwar gemeinsam den Alltag, bespricht Job, Haushalt, Kinder und Finanzen, meist noch mit Hilfe moderner Kommunikationsmittel. Was gerade wichtig ist, tauscht man per whatsapp oder mail aus. Sprechen? Fehlanzeige!
Aber der knackig-kurze Informationsaustausch reicht nicht für ein erfülltes Miteinander!
Denken Sie doch einfach zurück an die Zeit des Kennenlernens. In Endlos-Telefonaten haben sie sich ihr Leben erzählt und später stundenlang auf dem Sofa kuschelnd bis in die Nacht hinein von jeder noch so kleinen Belanglosigkeit des Tages berichtet.
Doch viel zu schnell geht diese heiter zugewandte und kommunikative Zeit vorüber. Statt Austausch und Neugier beherrschen Routinesätze die Beziehung „Ich gehe einkaufen? Die Meiers kommen um 20 Uhr! Ich muss noch tanken!“ Und dazu gibt es Einwort-Antworten wie „Ja“ oder Stereotypen wie „Fahr vorsichtig“ und „Pass auf dich auf“.
Gut, streng genommen ist das eine Kommunikation, also ein Austausch von Informationen. Aber eine Beziehung braucht mehr. In einer Partnerschaft muss man intensiv über Gefühle und Befindlichkeiten miteinander sprechen. Emotionale Sprachlosigkeit ist Gift für die Zweisamkeit.
Wer nicht weiss, was den anderen bewegt, worüber er sich freut und worunter er leidet, kann keine Nähe leben und Vertrauen empfinden. Die Beziehung wird zur blutleeren Hülle, verkommt zur Zweckgemeinschaft und trudelt über kurz oder lang ins Aus. Bei Scheidungsanwälten beklagen besonders Frauen, dass ihr Mann nur noch schweigt.
Doch soweit muss es nicht kommen. Denn Plaudern kann man lernen. Ich benutze bewusst den Terminus „plaudern“. Denn um eine Beziehung sprachlich in Schwung zu bringen, sollte man erst einmal mit einem lockeren Plaudern beginnen. Wichtig ist es, sich sprachlich wieder aufeinander einzulassen. Der Rest entwickelt sich von selbst: man öffnet sich und lässt den anderen in seine Seele und sein Herz blicken.
Der Weg dahin ist leicht. Man muss sich nur Zeit füreinander nehmen. Statt abends gemeinsam fern zu sehen, kann man sich ein Glas Wein einschenken und miteinander ins Gespräch kommen. Ein Abendessen im Restaurant lockert die Zunge und auf einer langen Wanderung kommt man auch thematisch vom „Hölzchen aufs Stöckchen“. Wichtig ist aber, dass man zu zweit bleibt und das so oft wie möglich!
Bei knappen Terminen kann man diese Stunden anfangs auch in den hektischen Alltag integrieren. Gönnen Sie sich nach dem Einkaufen eine Stunde Zeit in einem Cafe oder treffen Sie sich nach der Arbeit in der Stadt auf einen Snack. Und lernen Sie dabei zu plaudern. Sprechen Sie einfach über das, was sie sehen und geben Sie Ihre Gedanken frei. Erzählen Sie von gemeinsamen Erinnerungen, dem letzten Urlaub, einer lustigen Begebenheit, berichten Sie von Erlebnissen mit Freunden und Arbeitskollegen, aber auch von ärgerlichen Telefonaten und Auseinandersetzungen mit Nachbarn, sprechen Sie über Politik, eine aktuelle Ausstellung und die täglichen Nachrichten. Aber hören Sie auch zu und tauschen Sie sich aus und aus dem Plaudern, der leichten beschwingten Unterhaltung, entwickelt sich Nähe und Miteinander. Das ist die ideale Basis für spätere tiefsinnige Gespräch, bei denen es um Gefühle, um Ängste und Sorgen geht, aber in denen man sich auch sagen kann, wovon man träumt und was man sich so sehr vom Leben wünscht. „Ich wollte immer schon mal mit dem Cabrio nach Rom fahren“ sagte mir kürzlich eine Freundin. Ich glaube nicht, dass ihr Mann das überhaupt weiss. Schade eigentlich!
Und Sie können sich jetzt immer noch nicht erinnern, wann das letzte längere Gespräch war? Dann nehmen Sie sich einfach mal nichts vor am nächsten Wochenende….
Herzlichst – Ihre Andrea Micus - www.andreamicus.de