ARZNEIMITTELREPORT
Senioren schlucken zu viele Tabletten
Zu diesem Ergebnis kommt der neue Arzneimittelreport der Krankenkasse Barmer GEK, der in Berlin vorgestellt wurde. Demnach schluckt ein Drittel der Senioren mehr als fünf Arzneimittelwirkstoffe täglich.
Jeder Zweite nimmt zu viele Tabletten.
Besonders kritisch bewertet der Report die Verschreibung von mehreren Wirkstoffen gleichzeitig für ältere Patienten. Ein Drittel der Versicherten über 65 Jahre nimmt demnach täglich mehr als fünf verschiedene Medikamente zu sich. Bei den Hochbetagten zwischen 80 und 94 Jahren ist dies fast jeder Zweite. Im Durchschnitt schlucken Männer über 65 Jahre täglich 7,3 Wirkstoffe, bei Frauen dieser Altersgruppe sind es 7,2.
Patienten verlieren den Überblick.
Das berge Gefahren, warnt die Studie. Patienten könnten leicht den Überblick verlieren, Wechselwirkungen würden wahrscheinlicher. "Wir sprechen in der Pharmakologie davon, dass man relativ gut drei bis vier Wirkstoffe aushalten kann", sagt der Versorgungsforscher Gerd Glaeske, einer der Autoren der Studie. Alles darüber sei problematisch. Zur Abhilfe fordert die Barmer GEK, eine bessere Vernetzung zwischen den verschiedenen Ärzten und Apothekern - und ein offenes Auge der Betroffenen.
Demenzkranke schlucken zu oft Beruhigungsmittel.
Nach Ansicht der Experten erhalten auch demenzkranke Menschen zu viele Schlaf- und Beruhigungsmittel. Diese sogenannten Benzodiazepinen wurden 2010 rund 23'500 Versicherten der Krankenkasse verschrieben, zu 70 Prozent an Frauen. "Das Risiko, Benzodiazepine verordnet zu bekommen, ist bei Menschen mit Demenz um das 1,5-fache erhöht", erklärt Glaeske. Mit dem Wirkstoff verbunden sei allerdings ein Verlust kognitiver Fähigkeiten wie Aufmerksamkeit, Erinnerung oder Lernen. Zudem sind viele ältere Menschen von solchen Arzneimitteln abhängig.
Mehr Verschreibungen von Antipsychotika.
Dem von Gerd Glaeske erstellten Report zufolge stiegen auch die Verschreibungen von sogenannten Antipsychotika bei Kindern und Jugendlichen von 2005 bis 2012 um 41 Prozent. Am stärksten bei den Zehn- bis 14-Jährigen. "Eine medizinische Erklärung dafür lässt sich nicht direkt herleiten", erklärt Glaeske. Weder zeigten Studien einen Anstieg psychiatrischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen, noch hätten sich die relevanten Therapieempfehlungen geändert.
Elektronische Patientenakte sinnvoll.
Gerade die riskante Multimedikation unterstreicht die Notwendigkeit der elektronischen Gesundheitskarte, des elektronischen Rezepts und der elektronischen Patientenakte, so hätten behandelnde Ärzte und auch Apotheker einen viel besseren Überblick über die Arzneimitteltherapie, erklärt der Vizechef der Barmer GEK, Rolf-Ulrich.