Voll auf die kaufkräftigen Seniorinnen

Seit dem 17. Januar ist der erste TV-Sender on Air, der ganz konsequent auf die Gruppe der 49- bis 64-jährigen Frauen setzt: Sat.1 Gold.
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Ihr neuer Sender: Golden Agers beim Fernsehen (Bild: Shutterstock)

Die Süddeutsche Zeitung hat das Programm nach knapp drei Monaten unter die Lupe genommen und ein erstes Fazit gezogen. Wie sich die Zeiten ändern. 1984 startete in Deutschland das Privatfernsehen in Gestalt von RTL und mit dem Vorsatz, den öffentlich-rechtlichen Sendern mit geringem Budget die jungen Zuschauer abspenstig zu machen. Das funktionierte, nur stehen die Privaten nun vor einem mittelfristig vielleicht existenzbedrohenden Problem.

Die Menschen werden immer älter und eine Generation nach der anderen wächst aus der dereinst als werberelevant definierten Zielgruppe von 14 bis 49 Jahren heraus. Den Privatsendern bleibt nur eines: Die Mission von 1984 ein zweites Mal zu starten, allerdings unter anderen Vorzeichen. Diesmal sollen die älteren Zuschauer von den gebührenfinanzierten Sendern weggelockt werden.

Aber kann das funktionieren? Und ist das Prinzip Best-Ager-TV, Fernsehen speziell für ältere Zielgruppen, überhaupt rentabel? Ja, sagt Marc Rasmus im Gespräch mit SZ.de. Er ist der Chef von SAT.1 Gold, dem ersten Sender Deutschlands, der sich ganz auf die - wenigstens von den Privatsendern - lange ignorierte Zielgruppe der Frauen zwischen 49 und 64 Jahren konzentriert.

«Wenn man sich das bildlich vorstellt, stehen wir irgendwo zwischen SAT.1 und den öffentlich-rechtlichen Programmen», sagt Rasmus über die Ausrichtung des neuen Senders. Der läuft seit dem 17. Januar und ist frei empfangbar.

Im Programm: diverse alte Serien aus dem Fundus des Muttersenders SAT.1, aufgefüllt mit einer Handvoll eigener Formate. SAT.1-Urgestein Ulrich Meyer beispielsweise steht für zwei Ableger seiner Akte vor der Kamera, Gaby Papenburg präsentiert das tägliche Magazin Gesund und Lecker und am Sonntagabend zeigt Süddeutsche TV Thema überraschende, emotionale und besondere Geschichten, wie es in der Programmankündigung heisst.

Nostalgie + Information = Quote? Eine Mischung aus Nostalgie und Information ist es, die bei SAT.1 Gold Quote bringen soll. Senderchef Rasmus spricht von einem «Wiedersehen mit alten Freunden».

«Wir haben festgestellt, dass viele Menschen - auch ausserhalb der älteren Zielgruppen - ein Bedürfnis nach Heimat haben, nach diesem 'Da-kenne-ich-mich-aus-und-weiss-Bescheid-Gefühl'», sagt er. Wo Rasmus von «Heimat» spricht, geht Peter Vorderer, Inhaber des Lehrstuhls für Medien- und Kommunikationswissenschaft an der Universität Mannheim, noch einen Schritt weiter und sagt: «Für ältere Menschen ist es mitunter schwierig, die sich schnell verändernden sozialen Realitäten der Gegenwart zu begreifen.»

Deshalb habe das Fernsehen oftmals die Funktion, «in einem gewissen Mass Verlässlichkeit zu garantieren». Je älter die Zuschauer werden, desto mehr Zeit verbringen sie vor dem Fernseher. Was etwas salopp formuliert erscheinen mag, könnte langfristig durchaus erfolgreich sein.

«Wir stellen im Alter ein Festhalten an gewohnten Formaten fest, besonders das Thema Wiedererkennung spielt beim TV-Konsum älterer Menschen eine wichtige Rolle», sagt Medienwissenschaftler Vorderer. Das Prinzip Best-Ager-TV ist ergo nur eine Reaktion auf Prognosen, die besagen, dass bereits 2035 mehr als die Hälfte der Deutschen über 50 Jahre alt sein wird.

Der demografische Wandel arbeitet für SAT.1 Gold. Bei einem Privatsender stellt sich jedoch am Ende immer die Frage nach dem Gewinn. Natürlich zielen Projekte wie SAT.1 Gold auf die in den vergangenen Jahrzehnten gestiegene Kaufkraft von Senioren ab. Man spüre «gerade in diesen Dekaden eine grosse Abenteuerlust und Konsumbereitschaft», sagt Senderchef Rasmus.

SAT.1 Gold offeriert den werbetreibenden Unternehmen eine neue Plattform für ihre Produkte. Katja Hofem, Rasmus' Vorgängerin in der Chefriege von SAT.1 Gold, hatte dazu bereits im vergangenen Januar gesagt, der Sender habe Werbekunden «eine fest umrissene Zielgruppe ohne Streuverluste zu bieten».

Aber geringe Streuverluste hin oder her, eine gewisse Quote muss das Programm freilich erreichen. Die ersten Zahlen stimmen Senderchef Rasmus durchaus zufrieden. 0,3 Prozent durchschnittlicher Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen, immerhin 0,4 Prozent in der Kernzielgruppe der 49- bis 64-jährigen Frauen.

«Das ist mehr als wir uns erwartet haben», sagt Rasmus. Direkter Konkurrenz wird sich der Sender aus Unterföhring vorerst auch nicht erwehren müssen: RTL plant laut eigener Aussage derzeit kein Programm speziell für die Konsumenten 50plus. Und dass, obwohl Medienwissenschaftler Vorderer einen Rat hat: «Wenn ich Senderchef wäre, würde ich mir vor allem darüber Gedanken machen, wie ich die Zielgruppe der älteren Frauen erreichen kann.»

Sat.1 Gold ist ein Free-TV-Sender, der sich an Frauen von 49 bis 64 Jahren, die sogenannten Best Ager, richtet und der sechste Sender der ProSiebenSat.1 Media AG in Deutschland ist. Das Motto des Senders lautet Mir geht's gold. Am 20. November 2012 erhielt der Sender eine Rundfunklizenz durch die Kommission für Zulassung und Aufsicht der Medienanstalten (ZAK). Die Aufsicht über den Spartenkanal hat die Thüringer Landesmedienanstalt (TLM) mit Sitz in Erfurt. Der Sender startete am 17. Januar 2013 um 20:13 Uhr mit einem zweiminütigen Countdown, begleitet von einem Trailer und einem Puppenspiel. Anschliessend wurde der Fernsehfilm Die Wanderhure gezeigt. Das Programm von Sat.1 Gold besteht ausschliesslich aus deutschen Produktionen, welche grösstenteils aus dem Archiv von ProSiebenSat.1 stammen. Bereits bekannt ist, dass es einen Ableger der Sendung Akte - Reporter kämpfen für Sie mit Ulrich Meyer und das mehrstündige Format Süddeutsche TV Thema geben wird. Ausserdem ist ein tägliches, nicht aktuelles Mittagsmagazin mit Gaby Papenburg geplant. Das Abendprogramm von Sat.1 Gold wird in verschiedenen Themenbereichen gegliedert, die sich in Doku, Spielfilm, Krimi und Serien aufteilen. Ab April 2013 wird auf Sat.1 Gold Tennis unter der Sendung ran tennis ausgestrahlt.


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