Wie sich die Bedürfnisse der Anleger im Alter ändern

Die meisten haben sich in Sachen Finanzplanung noch nicht auf den neuen Lebensabschnitt eingestellt, schreibt Rolf Tilmes auf «huffingtonpost.de».
Bedürfnisse der Anleger im Alter
Richtig investiert, lebt es sich im Alter leichter.

Die Kinder sind oft schon volljährig, das Haus fast abbezahlt und damit die vermeintlich grössten finanziellen Sorgen vorbei. Die Rede ist von der Bevölkerungsgruppe hierzulande, die älter als 50 Jahre ist. Im Volksmund werden sie gern als Generation Silberlocke bezeichnet, andere Titel sind Best oder Silver Ager oder einfach nur 50 plus.

Laut der Bevölkerungsumfrage von 2011 sind immerhin rund 33 Millionen Menschen in Deutschland mindestens ein halbes Jahrhundert alt. Das entspricht 41 Prozent der Bevölkerung. Mittlerweile ist dieser Anteil weiter gestiegen. 2020 soll er nach Berechnungen des Statistischen Bundesamts bei knapp 50 Prozent liegen.

Fest steht: Ab diesem Alter beginnt sehr häufig ein neuer Abschnitt in der Biografie. Doch richtig "alt" fühlen sich allerdings die wenigsten. Die Lebensausrichtung dieser Generation ist zwar so unterschiedlich wie die Menschen selbst. Während einige bereits die Freiheit des Vorruhestands oder der Rente geniessen, ernten andere in dieser Phase noch die Früchte ihrer beruflichen Karriere.

Eins haben die Silver Ager aber gemeinsam. Die vordringliche Beschäftigung mit der Familienplanung, der Karriere und dem Aufbau von Ersparnissen ist in der Regel abgeschlossen. Zudem steigt die Lebenserwartung der Deutschen auf durchschnittlich rund 80 Jahre.

Mit Wohlstand und Gesundheit sind aber auch die Ansprüche gestiegen: Viele Menschen erfüllen sich Reise-Träume, haben besondere Konsumwünsche oder gehen kostspieligen Hobbys nach. Doch leider vernachlässigen viele Menschen ab 50 Jahre, die Finanzplanung an das fortgeschrittene Alter und die veränderten Bedürfnisse und Wünsche anzupassen.

Ein Fehler: Finanzplanung ist schliesslich Lebensplanung. Das heisst, speziell für diese Zielgruppe geht es darum, die Weichen zu stellen, um den erreichten Lebensstandard in der Ruhestandsphase aufrechtzuerhalten und eventuell vorhandene Versorgungslücken zu schliessen.

Unsere Beobachtung im Beratungsalltag zeigt immer wieder: Die Bedürfnisse und Wünsche hinsichtlich der Vermögensstrukturierung, aber auch zu Themen wie Erbschaft oder Pflege unterscheiden sich bei der Generation 50 plus deutlich von denen jüngerer Generationen.

Während jüngere Menschen oft zu Recht nur einen groben Plan für die Altersvorsorge haben, ist ab 50 ein konkreter Kostenplan sinnvoll. Denn die persönliche finanzielle Situation lässt sich nun viel konkreter einschätzen, als beispielsweise mit Anfang 30. Das bedeutet, statt der Konzentration auf den Vermögensaufbau gilt es nun, Strategien zu entwickeln, wie im Alter mit dem aufgebauten Vermögen optimal umgegangen wird.

Das Entsparen will und muss genauso professionell geplant sein wie der Ansparvorgang. Dabei besteht jedoch die Gefahr, Fehler zu machen: Viele Ältere achten beispielsweise zu wenig auf die Verfügbarkeiten des Geldes. Wenn der Anleger etwa in der Phase des Vermögensaufbaus einen Grossteil in Immobilien oder langfristige Beteiligungen steckt, kann er im Ernstfall im Alter nicht schnell genug verkaufen.

Ein weiterer häufiger Irrtum: Die Altersvorsorge hört mit dem Renteneintritt auf, das Ersparte fürs Alter wird als Gesamtsumme betrachtet. Doch das angesparte Vermögen muss nicht ab einem gewissen Alter vollständig verfügbar sein. Wichtiger ist es, das Geld nach seiner Verfügbarkeit zu klassifizieren und so sukzessive über den Ruhestand hinweg zu verzehren.

Aber nicht nur die genaue Vermögensstrukturierung beschäftigt die Best Ager. In der Lebensphase ab 50 Jahren fangen viele auch damit an, sich mit ihrer Nachlassregelung zu beschäftigen. Themen wie Erbschaft, Pflege oder Vorsorgevollmacht rücken zunehmend in den Mittelpunkt.

Die Finanzplanung muss entsprechend darauf eingehen. Wichtig dabei: Die Zielgruppe 50 plus erwartet für den Lebensabschnitt des Ruhestandes eine bedarfsgerechte Beratung und keinen Verkauf von Produktlösungen. Das Beratungskonzept muss an die Lebensphase und die Ziele, Bedürfnisse und Wünsche dieser erfahrenen Zielgruppe angepasst werden.

Ein wesentlicher Aspekt der individuellen Finanzplanung ist auch das Durchspielen möglicher Risikoszenarien und deren Auswirkungen auf die Vermögenssituation. Zum Beispiel werden inflationäre Entwicklungen oder finanzielle Aufwendungen bei einer möglichen Pflegebedürftigkeit simuliert. Dabei gilt es stets, die individuellen Ziele und Wünsche in Einklang mit den Gegebenheiten zu bringen.

Wie auch immer die Finanzplanung im Einzelnen dann aussieht: Es macht Sinn, sein Vermögen rechtzeitig so zu strukturieren, dass man im Alter etwas davon hat.


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